Murphys Gesetz - 20.11.2017
“Anything that can go wrong will go wrong” oder auf deutsch „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“
Port Elisabeth am 20.11.2017
Zuerst absolute Flaute, dann 20-30 Kn, dann 35 Kn und etwas später bis maximal 45 Kn Wind im Hafenbecken von Port Elisabeth.
Port Elisabeth am 20.11.2017
Wie man an unseren Tracks in Port Elizabeth leicht erkennen kann, hatten wir einen äußerst bewegten Tag. Der Hafen ist für uns Segler nicht gerade ideal. Zuerst muss man bei starkem Schwell an einer Betonmauer festmachen. Diese Mauer ist eher eine Brücke, und bei Ebbe hat man kaum eine Chance, sein Schiff mit Fendern zu schützen. Die Marina selbst ist ebenfalls nicht auf dem neuesten Stand. Eisengestelle ohne Schutz, mit Betonfüllungen, werden auf „Schwimmern“ mittels „Scharnieren“ zusammengehalten. Da der Wind hier zurzeit äußerst stark ist und es beträchtlichen Schwell im Hafen gibt, ist es unserer Meinung nach nicht ganz ungefährlich, hier in Port Elizabeth anzulegen.
Wie bereits beschrieben, mussten wir gestern an der Betonmauer im “Päckli” festmachen. Heute früh sind wir aufgestanden und haben uns die Möglichkeiten angeschaut, wo wir in den nächsten Tagen anlegen können. Die freundlichen Hafenangestellten erklärten uns, dass es drei Optionen gibt:
a) Wir ankern zwischen den Fischerbooten und der Marina, maximal ein Schiff (roter Pfeil). b) Wir benutzen einen der freien Liegeplätze (grüner Pfeil). c) Wir bleiben an der Betonmauer (links vom grünen Pfeil).
Als wir zu unseren Schiffen zurückkamen, zeigte uns Paul einen gröberen Schaden an der Scheuerleiste, verursacht durch eine Kette über einem Pneu an der Betonmauer bei Ebbe. Da war wohl jemand nicht ganz so sanft wie ein Schmetterling!
Wir entschlossen uns, zu ankern, während Paul einen Liegeplatz bevorzugte. Unser Ankermanöver gelang uns erst beim zweiten Mal. Beim ersten Versuch hielt der Anker nicht, weil die Kette wegen der Platzverhältnisse zu kurz bemessen war. Der zweite Versuch klappte, und der Anker hielt auch bei eingelegtem Retourgang mit laufendem Motor bei 2.000 Touren. Da der Platz so schmal bemessen ist, setzten wir einen Heckanker. Damit verhindern wir, dass wir in die Fischerboote oder in die Schiffe innerhalb der Marina getrieben werden. Alles „Paletti“, wir fühlen uns sicher.
Paul funkt uns an und fragt, ob wir ihm beim Anlegen helfen können. Der Wind hat unangemeldet kräftig zugelegt, auf etwa 15-20 Knoten aus Westen. Paul kommt mit der „Luna Blu“ angefahren, während wir bereits mit unserem Beiboot in der Marina angelegt haben. Paul meldet, dass irgendetwas nicht funktioniert, und dreht ab. Meine Frau fährt mich mit unserem Beiboot zu ihm, und ich frage, was nicht funktioniert. Ich bleibe auf der “Luna Blu” und Nathalie fährt zurück zum Steg in der Marina. Auf der “Luna Blu” ist es das Bugstrahlruder, das streikt. Wir prüfen die Kabel. Alles scheint in Ordnung zu sein, jedes Kabel sitzt fest in seiner Halterung.
Dann geht es Schlag auf Schlag: Nathalie funkt vom Steg, dass unser Beiboot nicht richtig läuft. Kurze Zeit später funkt sie erneut. Dieses Mal ist die Nachricht wirklich schlecht: Unsere vor Anker liegende “NatHape” driftet unbesetzt rückwärts in Richtung der Tankstelle. Irgendwie schafft es Nathalie, trotz des nicht korrekt laufenden Motors des Beibootes, auf die driftende „NatHape“ zu gelangen. Sie startet den Motor und steuert die „NatHape“ in Richtung Anker, um diesen gleichzeitig hochzuziehen. Der Heckanker ist noch gesetzt und die Leine darf auf gar keinen Fall in die Schraube gelangen – das wäre der Super-GAU gewesen.
Wir – auf Pauls Schiff – versuchen so schnell wie möglich, sein Beiboot ins Wasser zu bringen, damit ich Nathalie auf der “NatHape” helfen kann. Das dauert… Zuerst kommt das Beiboot ins Wasser, dann muss der Motor befestigt werden. Zu guter Letzt wird der in der Backskiste verstaute Tank am Motor angeschlossen. Nach diesen „langen“ Momenten und der kurzen Fahrt erreiche ich unser Schiff. Nathalie hat bereits den Hauptanker geborgen und meint, dass ich das Steuer übernehmen soll. Sie hebt den Heckanker ins Boot, und ich weiss wirklich nicht, wie sie das auch noch geschafft hat.
Nun ankern wir im Hafenbecken von Port Elisabeth bei 35 bis 45 Knoten Wind. Gestern dachten wir noch, dass wir die 200 Seemeilen weiter zur Mossel Bay fahren könnten. Die gestrigen Wettervorhersagen prognostizierten leichten Wind aus Norden und manchmal Nordost. Heute bläst es mit 45 Knoten aus Westen, also genau von dort, wo die Mossel Bay liegt. Fazit: Zur Mossel Bay zu segeln, wäre aufgrund der geänderten Wetterverhältnisse gar keine gute Idee gewesen.
Ich muss sagen, dieses Ereignis war die heikelste Situation, die wir auf unseren Reisen jemals erlebt haben. Murphys Gesetz endete Gott sei Dank nur beinahe im Desaster, denn der gute alte Murphy ist eindeutig an Nathalie gescheitert. Meine Frau hat diese sehr schwierige Situation alleine und absolut souverän gemeistert.
Die Geschichte ist noch nicht ganz fertig. Um 16 Uhr nimmt die Hafenbehörde mit uns Kontakt auf. Da ein Frachter den Hafen verlässt und ein anderer seinen Platz einnehmen will, sollen wir binnen einer Stunde an unsere alten Plätze zurückkehren. Das ist bei dieser Windstärke unmöglich. Wir entscheiden uns, aus dem Hafen auszulaufen und direkt vor der Hafenmauer zu ankern. Solange der Wind nicht dreht und weiterhin aus Westen bläst, liegen wir hier sehr komfortabel und vor allem kostenlos :-))
Nachtrag: Nachdem wir die Zündkerzen am Motor des Beibootes gewechselt haben, läuft er einwandfrei. Ein Zündkerze war offensichtlich defekt und der Motor arbeitete nur mit einem Zylinder.
Viele Schiffe hatten Probleme. Uns erreichte folgendes Mail:
Hi All,
Yes, we were certainly glad to get in and anchored. Did not attempt to find our berth as it seemed settled and we didn't know the lay of the marina. After an hour or so, the wind started howling. We were anchored inside the entrance, which had a reasonable swing room. I went out to find we were dragging and getting close to a row of boats - I put the motor into full forward while Sue hit the up switch on the windlass.
We managed to clear out and went further toward the entrance and laid out our full 80m in 5m of water.
Then the nightmare began, it came in 50 knots and we again started dragging.
We got some chain in but had to do many 360s under full power to try and avoid crashing into boats inside us. As we went forward the wind would get her and blast her sideways - I had no choice but to go turn down wind directly toward the other boats to get speed on and spin her back into the wind - I must have done this 20 times, at least every time thinking - we were finished! Meanwhile calling a PAN PAN on our hand held radio. I had a difficult conversation with an operator but eventually pleaded for the Sea Rescue - I knew they were hear as I had seen them on Google earth.
After 15 mins more, they came, with a boat and hovered behind us as I continued to battle with full power and doing the 360s
They put a man aboard who said they would - put a tow line on us, pull the anchor aboard -the chain of which was disabled and jammed in the pulpit - and guide, tow or lower us into our berth, or somewhere! For the first time in an hour or so, I could take a break from the helm as they took a line & control, and hovered us into the still screaming wind.
He could not retrieve the anchor as it turned out there was a massive timber pile wrapped in the chain - it came up and while we were figuring what to do stuck up in the air, caught our lifelines and smashed them, fully bending a braced gate post. Wind still howling.
We let go all the chain and they attempted to lower us down wind into the marina. At some point as the guy was trying to put some antichaffe on the line we swung stern to the wind and the tow line caught around our prop. They were still try to hold us stern to,
When the line parted and we went headfirst into the marina, with no engine! At least the rudder was now free to turn. I thought they were doing a fine job as we were going straight down the gap - didn't realise that the line was severed and we were running free with no power. I was thinking - this is novel, how will they turn us?
Anyway, we sailed on, narrowly missing two vessels. We were helpless apart from steerage. The wind still blowing 40-50. As we careered down the fairway we came to a gap on the dock and there were guys there ready for us. I jammed her hard over to port to do a 180 and put her head to wind. By some miracle she responded and managed to dock her, with out much or any damage. At that point I didn't care, I just wanted that space and that was our only chance - ahead was a big ferry.
The guys were absolutely fantastic - they were powered up, fending off, getting lines on, jamming in fenders. The sea rescue boat came in behind us and also help secure the boat.
In the end, it was some divine intervention, I believe that saved our boat from huge damage and or loss. Not to mention the others we could have hit!
The sea rescue guys are coming back this morning to dive on our prop and retrieve our chain. They are fantastic, I can't say how amazing those, totally professional volunteers are. They offered us a bed at the station, but we wanted to be on the boat even tho it was noisy and bouncy.
Sue was fantastic throughout, even tho she was massively stressed. We got sort of settled and both agreed it was the worst time of our lives.
Today the winds are light in here, so we will get to our dock.
Our wind generator is burned out, we have some superficial damage to woodwork and a bent stanchion, but we are ok, sun is shining and wind is light.
Do not under estimate this place - its nature on steroids!
They guys just came by and freed the prop and they said it was exceptional weather.
Ankern einmal anders: Nicht im, sondern vor dem Hafen.
Wir verbrachten eine ruhige Nacht auf unserem Ankerplatz direkt vor der Hafenmauer von Port Elisabeth (grüner Kreis unten auf dem Bild). Das Problem beim Ankern (und auch sonst) sind in erster Linie die Wellen und nicht der Wind. Die kurze Distanz von der Hafenmauer zu unserem Schiff verhindert, dass sich auch bei Windgeschwindigkeiten um die 40 Knoten starke Wellen bilden. Das bedeutet, dass wir hier ganz sicher liegen, trotz des kräftigen Westwinds.
Es ist schon ein besonderes Gefühl, so nah am Hafen zu ankern und dennoch die Freiheit des offenen Wassers zu geniessen. Man könnte fast meinen, wir hätten den besten Platz im “VIP-Bereich” des Hafens ergattert! Während andere Boote im Hafen eng aneinander gedrängt liegen, haben wir unseren eigenen kleinen Bereich mit bester Aussicht und frischer Brise. Und das Beste daran? Kein Hafenmeister, der uns morgens mit der Rechnung weckt!
Port Elisabeth, Südafrika
Unser derzeitiger Ankerplatz (im gründen Kreis mit dem Anker) vor der Hafenmauer in Port Elisabeth. Die Mauer schützt uns vor den Wind mit 30 bis 40 Kn Wind aus Westen.
Wettervorhersage Port Elisabeth, 22.11.2017
Die Wettervorhersagen für Mittwoch, den 21. November 2017, für die Südküste von Südafrika. Die gute Nachricht ist, dass es uns die Prognosen vom Wochenende erlauben, zur Mossel Bay oder gar nach Cape Town zu segeln :-))
Paul und Liliane mit der „Luna Blu“ haben sich heute Morgen entschieden, zurück in den Hafen zu fahren, um dort anzulegen. Wegen der anhaltenden Starkwinde haben wir uns entschlossen, die nächsten Tage hier vor dem Hafen zu bleiben, zumal morgen Mittwoch in Port Elizabeth ein Sturm mit etwa 40-50 Knoten Westwind angesagt ist.
Wir sind beinahe alleine hier, praktisch alle anderen Schiffe sind im Hafen. Weit hinter uns ankern einige Frachtschiffe und etwa 500 Meter links von uns hat ein Fischerboot den Anker geworfen. Da fragt man sich schon, ob man die richtige Entscheidung getroffen hat. Wir selbst bevorzugen in diesem Fall das Ankern aus mehreren Gründen. Einer davon ist, dass sich das Schiff vor Anker im Wind ohne störende Hindernisse (Mauern, Stege, andere Schiffe, etc.) frei bewegen kann und sich immer „in den Wind“ stellt, dort wo der Windwiderstand am geringsten ist. Ein weiterer Grund ist, dass keine komplizierten Hafenmanöver gefahren werden müssen. Fender kann man vergessen, es gibt kein Festmachen an einem Steg und man muss keine Behörden oder Hafenmeister aufsuchen. Da wir auf der Lee-Seite ankern, wäre es keine Gefahr, wenn unser Anker nicht halten würde. Würde der Wind unerwarteterweise drehen und z.B. von Osten kommen, müssten wir in den Hafen einlaufen und dort irgendwo provisorisch anlegen, vielleicht längsseits eines Fischerbootes.
Ist das Schiff in einem engen Hafen, ist die Situation eine ganz andere. Die Schiffe sind mit vielen Seilen irgendwie am Steg festgemacht und der Schwell in Port Elizabeth strapaziert die Schiffe, die Seile und auch die Stege ganz enorm. Da gibt es viele Möglichkeiten, dass irgendetwas ein Chaos auslösen könnte. Dann ist eine Flucht unmöglich. Was bei dem Sturm im Oktober dieses Jahres im “sicheren Hafen” von Durban passierte, kann man hier nachlesen. Das alles muss nicht sein, aber wenn man das Für und Wider der beiden Möglichkeiten objektiv abwägt, dann ist bei dem jetzt herrschenden Wetter das Ankern einfacher und sicherer als das Anlegen in der Marina in Port Elizabeth.
Alles läuft nach Plan. Wir werden in ein paar Tagen weiter nach Cape Town segeln, da die Wetterprognosen gut aussehen. Und wer weiss, vielleicht finden wir unterwegs noch ein paar fliegende Fische, die uns Gesellschaft leisten. :-))
Ankern vor der Hafenmauer
Wir ankern bequem und sicher vor der Hafenmauer bei Port Elisabeth.
"NatHape+" vor der Hafenmauer
Paul schreibt uns zu diesem Bild: "Nathape als Stcknadel" ...
Zurück im Port Elisabeth
Die Starkwinde sind vorbeigezogen und wir haben uns von dem sichereren Ankerplatz vor der Hafenmauer zurück in die Marina verlegt. Unser derzeitiger Nachbar hält den Weltrekord in der Anzahl verwendeter Seile um seinen Katamaran innerhalb des Steges zu fixieren. Wir haben 38 Leinen gezählt und, er wird das sicher nicht ohne berechtigten Grund so handhaben :-))