In der Schule lernten wir, dass der Panamakanal die Fahrt vom Atlantischen- in den Pazifischen Ozean, die vor der Eröffnung des Kanals um das Kap Horn führte, um Wochen verkürzt. Für uns geht es nicht um Wochen, sondern um Jahre. Der Kanal ist 82 Kilometer lang und bis zu vierzehn Meter tief. Die Fahrt durch den Kanal und seine drei Schleusen, in denen die Schiffe sechsundzwanzig Meter gehoben werden kostete uns für die "NatHape" 850 US$.
Der Panamakanal trennt Nord- und Südamerika
Heute ist der 27.Januar 2005: Eigentlich wollten wir nach "Bocas del Toro" segeln, 140 Meilen westlich von Colón. Starke Regenfälle und Überschwemmungen in diesem Gebiet, liessen uns unsere Pläne ändern. Zu den "San Blas" Inseln zurückzukehren, wäre eine Alternative gewesen. Nach dem Durchdenken aller unserer Möglichkeiten haben wir uns für die Kanalpassage entschieden. Heute um 9h haben wir uns angemeldet und morgen, Freitag, wird das Schiff vermessen. Wenn wir noch am selben Tag bezahlen können, dann erhalten wir am Abend unseren Termin. Dieser wird - gem. dem 1. Offizier auf "NatHape" - der Mittwoch sein ...
Die Formalitäten zur Kanalpassage sind einfach: Anmelden, Vermessen, Bezahlen, Terminbestätigen und Durchfahren ... 4 vierzig Meter lange Seile mit einem Diameter von 22 mm muss man haben. Diese werden gemietet. Ebenfalls müssen für die Durchfahrt vier "Linehändler" an Bord sein, d.h. die minimale Crew für eine Durchfahrt sind 6 Leute (Kapitän + Pilot).
Wir haben unsere Durchfahrt organisert und unsere "Nummer" mit dem Termin erhalten. Am 6. Februars 2005 findet dieses wichtige Ereignis statt und das Schiff mit der Fahrtennummer 3'004'685 wird die Schleusen des Panamakanals passieren.
Hier wird "graphisch" dargestellt, wie die Fahrt durch die 3 Schleusen des Panamakanals funktioniert.
Am morgen ist Gerardo, unser Advisor angekommen (man darf in den Gewässern des Panamakanals nicht ohne Advisor fahren und man darf sich ebenfalls nicht vom Schiff entfernen) und unter Motor durchfuhren wir die 28 Meilen des Gatunsees. Dann ging es relativ zügig durch die "Pedro Miguel -" und durch die 1. Kammer der "Miraflores Schleuse". Alle Kammern durchfuhren wir im "Päcklein", ein Touristenschiff an der Wand, SY "Sérénité" eine französische Segelyacht (mit italienischer Besatzung) längsseits am Touristenschiff und wir dann längsseits an der genannten Segelyacht. Da in der letzen Schleuse - wegen der Ebbe und Flut und dem sehr starken Rückenwind - grosse Strömung herrschte, sollten wir im "Päcklein" mit den Italienern von der einen zur anderen Schleuse fahren. Die Italiener weigerten sich und so fuhren wir rückwärts und warteten bis die ersten zwei Schiffe ihre Manöver hinter sich brachten und wollten dann selbst anlegen. Dummerweise wird die Strömung immer grösser und vielleicht brauchten die Italiener für das Manöver etwas lange. Wir flossen, nicht steuerbar, mit rund 2 bis 3 Knoten, etwas seitwärts, unserem italienischen "Ziel" entgegen und damit auch auf das vordere Tor zu. Ich habe die "Notbremse" gezogen, das Manöver abgebrochen und bin sofort wieder rückwärts gefahren um das Anlegen wiederholen zu können. Beim zweiten Anlauf hat es dann geklappt. Man stelle sich mal vor, man kracht in dieser - 250 m langen Schlucht - seitwärts, durch Strömung und Wind getrieben, ins vordere Tor ... man würde da sicherlich nicht mehr rauskommen ohne allergrösste Schäden anzurichten. Gott-sei-Dank war das Manöver erfolgreich und wir hingen korrekt am Italiener. Aber dann kam schon das Lotsenschiff "Manta" der Kanalgesellschaft seitwärts angetrieben und knallte voll in uns hinein. Mit grosser Mühe konnte der Kapitän sein Boot auf kleinstem Raum wenden - ohne uns all zu stark zu ramponieren - und wieder zurückfahren. Ein Mitarbeiter soll sich bei diesem Missgeschick den Arm gebrochen haben. Wir selbst haben zwei kleinere Materialschäden, aber sonst ist nichts passiert. Aber dann, ein weiteres Missgeschick: Beim Touristenschiff an der Wand riss das vordere Seil. Dieses muss natürlich während dem "Runtergehen" gelockert werden. Weil offensichtlich alle Manöver so spannend waren, ging dies vergessen ... Nochmals grosse Aufregung, aber es ist wiederum nichts passiert, weil beim Schiff an der Mauer das hintere Seil das Wichtigere ist.
Sechs Autopneus auf jeder Seite, zur Verstärkung unserer Fender, sind angebracht. Alles ist bereit ...
Die vier gemieteten Leinen ...
Unsere Mannschaft: Advisor (Gerardo), 3 Linehaendler (Patricia & Roger, SY "Iolea", Rudi prof. Leinehändler) und wir zwei
Vier "Linehaendler" müssen bei der Passage durch den Panamakanal auf einem Segelschiff anwesend sein. Für einen "Taxifahrer" bezahlt man 110 $ und somit ist das Suchen von "Linehaendlern" unter den Seglern sehr beliebt, denn diese stellen sich meistens unentgeldlich zur Verfügung ... so wie wir es zur Probe auch einmal gemacht haben. Die Passage selbst ist nicht ganz ohne Risiko. Speziell beim Füllen der "Locks" mit Wasser tretten unheimliche Strömungen, welche das Schiff zu unkontrollierbaren Bewegungen verleiten könnten, auf. Wenn die "Linehaendler" ihren Job nicht seriös ausführen würden, dann könnte es zu grösseren Schäden kommen. Der Advisor der Kanalgesellschaft instruiert, wie und wo was gemacht werden muss.
Unsere Kanaldurchfahrt wird um einen Tag vorverschoben.: Morgen Samstag (5. Februar) und übermorgen Sonntag ist der Tag des Ozeanwechsels ATLANTIC - PAZIFIK, d.h. wir werden morgen um ca. 17 h lokaler Zeit mit der Passage beginnen. Schätzungsweise um 18 h sind wir in den Gatun-Schleusen und am Sonntag, um den Mittag herum, passieren wir die beiden anderen Schleusen.
Wir haben den Panamakanal passiert und sind im Pazifik.
Die Durchquerung des Panamakanals war für uns ein grosses Erlebnis. Der Atlantik liegt hinter uns, der Pazifik liegt vor uns.
Bilba mit der "Puente de las Americas"-Brücke auf der Pazifikseite von Panama.
Die 1962 gebaute und 118m hohe "Puente de las Americas" verbindet die durch den Kanal getrennten Kontinente Nord- und Südamerika und demzufolge auch die beiden Regionen Panamas. Wir haben uns beim Yacht-Club Bilbao eine Boje genommen und geniessen den Ausblick auf die Schiffe, welche in den Panamakanal einfahren oder ihn verlassen.
Wir ankern einige Meter westlich vom "Balboa Yacht Club" und wir haben dort getankt. Dies war ganz offensichtlich ein Fehler ... warum das? Um es einfacher zu haben, klariert man in Colón aus und kriegt das Papier - Zarpe genannt - um ausser Landes zu gehen. Offensichtlich hat der Zoll hier keine Boote und so prüfen sie einfach jeden, der an die Tankstelle kommt. Unsere Papiere waren in Ordnung ... aber der Zöllner klarierte und der ordnungshalber (!!??) wieder ein. Kosten: 30 US$, welche im Sack des Beamten landen (2 Std. à 15 US$ "Minimum Charge"). Und das ist sehr viel Geld hier. Nun gut, das Problem ist, dass wir wieder ausklarieren müssen und weil morgen und übermorgen Feiertag ist, geht das nicht ohne die "Overtime" zu bezahlen - und dies obwohl der Zoll 24 Std. besetzt ist. Nun, so bleiben wir bis Donnerstag hier, zumal wir versuchen, morgen die Reeling reparieren zu lassen.
Kleine Nachträge
Zum Bild: Super Technik mit "menschlicher" Bedienung ... wir bedanken uns bei allen - Xavier, Dani, meiner Schwester Isa und Steffen, welche uns Bilder der Webcam zugeschickt haben. Die "Ausbeute" war mager, aber wenigstens ist ein kleiner Teil des Schiffes und der Mannschaft sichtbar. Was haben wir Euch "ins Leere" zugewunken ... Das Mail meiner Schwester trifft den Nagel auf den Kopf: "We hope that you made it through the locks and are enjoying the first waves of the Pacific Ocean. We watched for you and thought we saw HP at approximately 12:25 wearing a red Polo shirt in the lock besides a boat called Serenity. Can you confirm this? We kept watching all afternoon – I even sent an e-mail to request a change in the angle of the camera and to give us a view of Nathape. Frankly I think the camera got stuck for quite some time at the most uninteresting point– Maybe it’s hand operated and the guy went for a long lunch. The last 20 minute pictures were also not updated. I guess you know all that from Xavier. I have a feeling that Sunday is probably their resting day. In any case, I cleaned the computer room and gave myself a French manicure to pass the time at the locks. There were a lot of big boats going through!".
In der letzten Schleuse gab es leider einen sehr unangenehmen Zwischenfall, ein Lotsenschiff wurde von der starken Strömung erfasst und knallte seitwärts in unser Schiff. Die Reeling ist gebrochen und die Verstärkung unserer Gangway hat dem Druck ebenfalls nicht standgehalten. Wir würden sicher den Schaden vergütet bekommen, aber der administrative Aufwand ist uns zu gross. Die Reparatur an der Reeling ist in ein paar Stunden erledigt und die Verstärkung der Gangway können wir selbst in Ordnung bringen.
Der "Reserve-Jesus" *) Ali aus "Germany", vom Schiff "Genesis" (?!), und sein englischer Freund haben uns - auf dem Ankerplatz - die Reeling angweschweisst. Natürlich erwischte es diejenige Reelingstütze, welche am schwersten zugängig war ...
*) =so genannt von Achim, SY "Bingo"