Am ersten Tag unserer Überfahrt durch den Kanal von Madagaskar (Sonntag, 15. Oktober 2017) nach Mosambik hatten wir sehr schwachen Leichtwind. Wir versuchten nach Möglichkeit zu segeln. Der Wind war so schwach, dass die normalen Segel einfach am Mast herunterhingen. Darum montierten wir beide uns zur Verfügung stehenden Leichtwindsegel und waren froh, das Schiff durch die „Kraft“ des Windes zu bewegen – auch wenn es 40 Grad in die falsche Richtung ging, nämlich direkt in die „Baly Bay“ hinein. Manchmal muss man eben Umwege in Kauf nehmen!
In der Nacht umrundeten wir das Cap Saint André, ein anderes gefürchtetes Gebiet an der Westküste von Madagaskar, mangels Wind mit Hilfe des Motors. Während wir uns hier freuen, dass wir manchmal sogar in die falsche Richtung segeln können, warten unsere Freunde am „Cap Bazaruto“ in Mosambik seit beinahe zwei Wochen auf weniger Wind, um weiterreisen zu können. Sie wollen via Maputo nach Richards Bay segeln. Geplant ist die Abreise für Donnerstag, den 19. Oktober. Dies wäre etwa unser geschätztes Ankunftsdatum am Cap „Bazaruto“ und wenn das klappt, dann können wir ohne Wartezeiten in Mosambik in Richtung Südafrika weiterziehen.
Einige Zeit später setzte der Wind mit etwa 20 Knoten ein. Wir segelten absolut optimal und … sogar in die richtige Richtung! Eine Strömung von NW nach SO reduzierte unsere Geschwindigkeit ein klein wenig, aber das konnte unsere gute Laune nicht trüben.
Wir haben uns entschieden, die südliche und direkte Route zu nehmen, da diese uns von den Windverhältnissen her günstig erschien. Des, der Segler von der SY “Gambit”, hat diese Strecke schon mehrmals bewältigt und bestätigte unsere Meinung. Zum Thema Strömung schrieb er: “The current question is debatable. All the current predictive algorithms are based on water temp/infra red satellite images and except for the main Moz current is bit of an urban legend as they are extremely difficult to pin down and as in the Gulf Stream pop up and disappear at random. Experience shows that to pursue them at the expense of reduced SOG is not worth it. Once in the Moz current 100-120nm off the coast the whole issue becomes academic.”
Wir segeln absolut optimal, was für diese schwierige Strecke sehr ungewöhnlich ist. Morgen, Donnerstag (19.10.), fahren wir am Cap “Bazaruto” vorbei. Da die Bedingungen weiterhin sehr günstig sind, können wir direkt zur Richards Bay segeln. Eine Gruppe von sechs Schiffen ankert seit 12 Tagen hinter Bazaruto, um sich vor den Starkwinden zu schützen. Sie verlassen morgen ihren Ankerplatz und segeln ebenfalls direkt nach Richards Bay in Südafrika. Des schrieb uns: “I don’t know what you did in your previous lives but the weather gods seem to have a special place for you. The latest gribs show a clear window all the way to Rbay and unless you have a burning desire to expose yourself to corruption and crime personified in Mozambique you can give it a miss! Your ETA Bazaruto based on latest positions indicate that you would arrive at 21S37E approximately when the crowd from Bazaruto are ready to leave at 1200UTC tomorrow 20/10. I would recommend you get into the current and stay ±30nm off shore and close on the coast south of Inhambane at Pta D’Zavora and then head straight for Jesser Pt Sodwana Bay (27S32E).”
Wie heisst es so schön? “Wenn Engel reisen, dann scheint die Sonne.” 😇
Der Agulhasstrom ist eine Meeresströmung im südwestlichen Indischen Ozean. Er fliesst entlang der Ostküste Afrikas nach Süden, von etwa 27°S bis 40°S, rund 5 Seemeilen von der Ostküste von Mosambik und Südafrika entfernt. Dieser Strom und die zusätzlichen 25 Knoten Wind aus dem Norden transportierten unser Schiff mit einer Geschwindigkeit zwischen 10 und 12,5 Knoten zur Richards Bay, die rund 80 Seemeilen entfernt war. Dies war unsere schnellste Fahrt aller Zeiten, und wir denken, dass wir diese auf unserem Weg nach Kapstadt vielleicht noch übertreffen können.
Wir sind um 23 Uhr vor der Hafeneinfahrt in Richards Bay eingetroffen und wurden von der Hafen-Kapitänerie gebeten, wegen eines auslaufenden Schiffes etwas zu warten und wieder ein klein wenig nach Norden zurückzufahren, gegen den Wind und gegen eine etwas schwächere Strömung. Dabei bekamen wir eine eindrucksvolle Demonstration der Naturgesetze: Es war uns beinahe unmöglich, zurückzufahren, und wir hatten die allergrösste Mühe, das Schiff eine Meile nach Norden zu bewegen. Das Problem an der Ostküste Südafrikas ist, dass das schlechte Wetter mit stürmischen Winden aus dem Süden der Agulhas-Strömung entgegenläuft. Dadurch entstehen hier sehr grosse Wellen, die bis zu 20 oder mehr Meter Höhe erreichen können. Verpasst man einen schützenden Ankerplatz auf der Fahrt nach Süden und ein Sturmtief kommt einem entgegen, sitzt man in der Falle, denn umkehren ist nicht möglich.
Wir hatten die besten aller Bedingungen: Strömung und Wind in derselben Richtung. Dadurch war die Fahrt etwas vom Feinsten, und bei zusätzlich schönstem Wetter ein absoluter Genuss. Man könnte sagen, die Wettergötter hatten ein Einsehen mit uns!