2010.04 - Fiji, Teil 6
 
 

2010.04 - Abschied mit Bula-Herz: Von Savusavu zu den Yasawas

Savusavu hat uns längst adoptiert - dieser verträumte Hafen mit seinem smaragdgrünen Hügelkranz ist für uns zur Heimat geworden. Bevor wir die Fiji-Inseln Richtung Vanuatu verlassen, zieht es uns noch einmal zu unseren Freunden nach Malake. Die Wiedersehen sind so herzlich wie immer: Lachen, das über das Wasser hallt, Geschichten, die unter Palmen getauscht werden, und dieses Gefühl, dazuzugehören - selbst wenn man nur mit einem Schiff vor Ankerliegt. 

Doch die Yasawas rufen! Noch einmal wollen wir ihre schneeweißen Strände anlaufen, noch einmal im türkisblauen Wasser baden, das so klar ist, als hätte es die Natur extra für Postkarten erfunden. Und dann heißt es: Leinen los in Richtung Vanuatu.  

Es ist ein Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Savusavu hat uns Gastfreundschaft geschenkt, die man nicht vergisst - und die Yasawas werden uns ein letztes Mal mit ihrem Zauber verabschieden.


2010.04 - Nach dem Sturm: Malake und die Wunden des Zyklons Tomas

Als wir nach dem Zyklon Tomas nach Malake zurückkehrten, bot sich uns ein Bild der Zerrissenheit: Die grüne Pracht der Nordinseln Fijis wirkte wie ausgebleicht. Wo einst dichte Mangobäume Schatten spendeten, ragten nun nur noch skelettartige Äste in den Himmel - ihre Blätter vom salzigen Sturmwind verbrannt, ihre Wurzeln der Gewalt des Windes nicht gewachsen. Besonders traf uns der Anblick des uralten Mangobaums des Dorfes, der nun entwurzelt am Boden lag wie ein gefallener Riese. 

Ein Schlag gegen die Selbstversorger
Für die Menschen in Malake bedeutete der Sturm mehr als nur zerstörte Landschaft. Ihre Gärten - Lebensgrundlage und Stolz zugleich - waren verwüstet: Bananenstauden geknickt, Tarofelder überschwemmt, Zitrusbäume ihrer Früchte beraubt. Die salzverkrustete Erde würde Monate brauchen, um sich zu erholen; bis die Ernten wieder reichlich ausfielen, könnten Jahre vergehen. 

Doch selbst in dieser Not zeigte sich die Widerstandskraft der Fijianer. Während wir den Schaden dokumentierten, bemerkten wir erstaunt: Die Palmen, die sich im Wind wie Akrobaten verbogen hatten, trugen kaum Spuren des Sturms. Und auch die Menschen von Malake, obwohl betroffen, verloren nie ihr Lächeln. "Wir pflanzen einfach neu an", sagte Pulotu und zuckte mit den Schultern - als handle es sich um eine lästige, aber überwindbare Aufgabe. 

Glück im Unglück
Malake war vergleichsweise glimpflich davongekommen. Der Kern des Zyklons hatte etwa 50 bis 100 Kilometer weiter östlich gewütet, nahe Taveuni und der Lau-Gruppe. Dort, so hörten wir später, waren die Verwüstungen katastrophal: Ganze Dörfer standen unter Wasser, Ernten waren vollständig verloren. 

Während wir die kaputten Äste des Mangobaums beiseite räumten, wurde uns klar: Tomas hatte nicht nur Bäume entwurzelt, sondern auch die Verletzlichkeit dieses Paradieses offengelegt. Doch ebenso deutlich wurde die unerschütterliche Gelassenheit derer, die hier lebten - eine Lektion in Demut und Hoffnung, die uns noch lange begleiten würde. 

Die unübersehbaren Spuren des Cyclone Tomas ...


Zyklon "Tomas" auf Fiji - oder: Wie aus einer Notlösung ein Abenteuer wurde 
Der Zyklon Tomas hat auf den nördlichen Inseln Fijis leider verheerende Spuren hinterlassen: Häuser, Straßen und vor allem die üppigen Gärten und Fruchtbäume der Einheimischen wurden schwer getroffen. Auch unsere Freunde blieben nicht verschont - ihr Dach hatte es ziemlich erwischt. 

Also packten wir kurzerhand zwei Zelte ein, um ihnen zu helfen. Doch was dann passierte, war typisch fijianisch: Statt sofort das Dach zu reparieren, wurde das Zeltlager zum Highlight! Die Freude war so groß, dass die Reparatur erstmal warten musste ... Halt Fiji!
🌺😆 

Manchmal entsteht aus einer Notlösung das Schönste - in diesem Fall: ein ungeplantes Camping-Abenteuer unter Palmen. Und wer weiß, vielleicht bleibt das Zelt jetzt einfach als Gästezimmer stehen? ⛺
🌴 

Inselleben heißt: Lachen, auch wenn der Wind mal kräftig pfeift!

 
April 2010 - Eine Taufe in Malake: Wie wir zu einer Fijianischen Familie wurden

Die Fahrt nach Malake war diesmal anders. Nicht nur ein Besuch, sondern eine Heim­kehr - zu Pulotu, Tuvala, Saravina und Epi, die längst mehr waren als Freunde. Als wir ankamen, spürten wir sofort: Hier würde etwas Besonderes geschehen.

Eine unerwartete Ehre
"Wir nennen sie Nathaliehans", erklärte Pulotu mit jenem ent­schlos­senen Lächeln, gegen das kein Einspruch half. Neun Kinder hatte die Familie bereits, doch dieses - das jüngste - sollte unsere Namen tragen. Wie oft hatten wir versucht, sie umzustimmen! "Es gibt doch so viele schöne Fijianische Namen!", argumentierten wir vergebens. Heute verstehen wir: Es war ihr stolzer Tribut an eine Freundschaft, die über bloße Besucher hinausging.

Lachen, das die Palmen zum Beben bringt
Schon am nächsten Tag hatte das Dorf seinen eigenen Kopf gemacht: Aus "Nathaliehans" wurde schnell "Hansthalie", dann das verspielte "Nathape". Jeder Ruf war ein kleiner Beweis - hier gehörten wir dazu. Die Kleine selbst schien ihren Spitznamen zu lieben; wenn sie uns sah, gluckste sie vor Vergnügen, als wüsste sie genau, welch besondere Verbindung ihr Name schuf.

Mehr als nur ein Name
Bei der traditionellen Taufe, umgeben vom Duft von Erde und Meer, wurde uns klar: Dieser Moment war kein Zufall. In Fiji sind Namen nicht bloß Schall und Rauch - sie weben unsichtbare Fäden zwischen Menschen. Als wir Hansthalie das erste Mal in den Armen hielten, spürten wir eine Verantwortung, aber auch eine unbändige Freude. Sie würde aufwachsen zwischen Mangroven und Korallenriffen, unsere Namen wie ein Geheimnis mit sich tragend - und wir würden für immer ein Stück ihrer Geschichte sein.

Ein Abschied voller Versprechen
Als wir nach zwei Tagen wieder segelten, winkte das ganze Dorf - angeführt von einem kleinen Mädchen, das ahnungslos unsere Herzen gestohlen hatte. "Wir kommen wieder!", riefen wir, und meinten es ernster denn je. Irgendwo zwischen Kava-Zeremonien und Sternennächten war Malake zu einem Anker geworden - und Hansthalie unser lebendiges Vermächtnis in diesem Paradies.



Das traditionelle Lovo - Fijis schmackhaftestes Erdgeheimnis


Sonntag auf Fiji: Nach dem Kirchgang versammelt sich das Dorf um eine rauchende Grube - denn heute ist Lovo-Zeit! Diese uralte Kochmethode ist mehr als nur eine Mahlzeit: Sie ist ein geselliges Ritual, bei dem Feuer, Steine und Blätter gemeinsam ein Festmahl zaubern. 


Von der Sau zum Schmaus - mit Respekt und Handwerk

Alles beginnt mit Präzision (und etwas Pragmatismus). Das zubereitete Tier wird mit traditioneller Ehre behandelt - der Kopf geht an den Chief, wie es sich gehört. Nachdem die Sau ausgeweidet ist, wird sie mit Begeisterung (und scharfen Messern) in portionsgerechte Stücke verwandelt. Die Kunst: Jedes Teil wird sorgfältig in Palmenblätter gewickelt, als packe man Geschenke für den Gaumen ein. 


Die Feuerstelle: Ein Ofen aus Stein und Geduld

Jetzt kommt die Magie ins Spiel! Auf einem Bett aus trockenem Holz werden glühende Steine geschichtet - angefeuert mit Kokosfasern, die wie natürliches Feuerzeug brennen. Schicht für Schicht wandert das Essen hinein: 

  • Unten: Wurzelgemüse, Taro und Brotfrucht - die bodenständigen Grundlagen. 
  • Oben: Die blumig verpackten Fleischpakete, bereit, in der Hitze zu schmelzen. 

Dann wird alles mit Palmenblättern und Erde "zugedeckt wie ein kostbarer Schatz" - damit die Hitze ihre Arbeit tun kann. Jetzt heißt es warten... und dem verführerischen Duft widerstehen, der langsam aus der Erde dringt. 


Die große Enthüllung - und warum Fijianer gute Redner sind 

Nach Stunden (in denen die Kinder ungeduldig um die Grube schleichen) ist es endlich soweit: Die "Schatzgrube" wird geöffnet, und dampfende Fleischstücke kommen zum Vorschein - zart, saftig und voller Raucharomen. 


Doch Vorsicht: Bevor es ans Essen geht, halten die Ältesten traditionelle Ansprachen. Warum? Nun - vielleicht weil Fijianer wissen, dass nichts die Vorfreude auf ein Festmahl so steigert wie eine gut platzierte Rede! 


Am Ende teilt sich das ganze Dorf die köstlichen Stücke - und während die Sterne über den Palmen aufziehen, wird klar: Ein Lovo ist kein einfaches Barbecue. Es ist eine Feier der Gemeinschaft, bei der selbst Schweineohren zum kulinarischen Ereignis werden. 



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2010.04 - Zweite Ankunft in Somosomo - oder: Wie man ein Dorfschiff und 100 Fahrgäste überlebt

Nach einer kurzen, aber herrlichen Segeltour von der Blue Lagoon aus - gerade mal 12 Seemeilen, also mehr als genug Zeit für ein Mittagsschläfchen an Deck - taucht Naviti am Horizont auf. Und dort, in einer malerischen Bucht zwischen zwei Korallenriffen, liegt Somosomo, das größere und lebhafte Schwesterdorf unserer letzten Ankerplätze. 

Ankern mit Aussicht (und Respekt vor dem Dorfschiff)
Wir lassen den Anker in kristallklarem Wasser fallen - nur 100 Meter vor dem Dorf, in perfekter Tiefe, um das bunte Treiben an Land zu beobachten. Doch das eigentliche Highlight der Bucht ist das Schiff: Das stolze, etwas abgeblätterte Gemeinschaftsboot von Somosomo, das auf den ersten Blick aussieht, als hätte es schon tausend Abenteuer überlebt. (Was es wahrscheinlich auch hat.) 

Für läppische 15 Fiji-Dollar bringt es die Dorfbewohner nach Lautoka - eine 4- bis 5-stündige Fahrt, die manchmal bis zu 100 Passagiere zählt. Ja, Sie haben richtig gelesen: Einhundert. Das bedeutet: Hühner auf den Knien, Säcke voll Taro im Gang und mindestens ein Baby, das fröhlich in einer Hängematte schaukelt. Wir wurden gewarnt: "Wenn alle einsteigen, liegt die Reling nur noch fünf Zentimeter über dem Wasser!" - doch irgendwie schafft es dieses Boot immer. 

Zyklon Mick und die Kunst des Schiffs-Kopfstands
Doch das wahre Testament seiner Robustheit? Zyklon Mick im Dezember 2009. Bei solchen Wellen, dass selbst die Fische seekrank wurden, soll sich das Schiff einmal kopfüber gedreht haben - nur um sich gleich wieder aufzurichten, als wäre es ein Spielzeug in der Badewanne. Die Dorfbewohner erzählen die Geschichte heute mit einem Grinsen: "Unser Boot kann alles - außer sinken!" 

Jetzt, in ruhigerem Wasser, wirkt es fast friedlich. Und während wir unsere Ankerkette kontrollieren (doppelt so lang wie nötig - sicher ist sicher!), winken uns ein paar Kinder vom Strand aus zu. Irgendwie wissen wir schon: Diesmal wird Somosomo uns wieder mit seiner Mischung aus Chaos, Charme und unglaublicher Gastfreundschaft überraschen. 

Eins ist klar: In Somosomo wird selbst die Ankunft zum Erlebnis - und wir sind bereit! ⚓
😄

or uns liegt die Insel Naviti´.Blick auf Somosomo und die dahinter liegenden Berge.Somosomo, ein grösseres Dorf mit ungefähr 300 Einwohnern.

Die Chefin von Somosomo - oder: Warum auf Fiji die Frauen das Sagen haben (manchmal!)

In Somosomo geht es anders zu als in vielen Dörfern Fijis - hier regiert keine männliche Donnerstimme, sondern eine Chiefin mit klugem Blick und einem Lachen, das selbst die Palmen zum Nicken bringt. Während anderswo die Männer beim Kava-Ritual die erste Schale trinken, hebt in Somosomo sie die Schale - und entscheidet, wann genug getrunken wurde. (Spoiler: Meist später, als die Männer hofften.) 


Matriarchat mit Bula-Charme

Man erzählt sich, dass die Wahl zur Chiefin nicht nur wegen ihrer Weisheit, sondern auch wegen ihres legendären Fischcurrys fiel - angeblich so köstlich, dass selbst die Dorfältesten nach dem ersten Bissen kapitulierten. "Wer so kocht, kann auch führen", soll ihr Vater gesagt haben, während er sich genüsslich die Finger ableckte. 


Ihr Stil? Gelassen, aber bestimmt. Wenn die Männer des Dorfes stundenlang über Fischgründe diskutieren, beendet sie das Gespräch mit einem einzigen Satz - und geht dann demonstrativ ihre Taro-Pflanzen gießen. "Warum reden, wenn man tun kann?", ist ihr Motto. 


Tradition mit Twist

Natürlich hält sie die alten Bräuche hoch - aber mit einer Prise Modernität: 

  • Beim Lovo lässt sie die Frauen und Männer die Palmenblätter flechten ("Wer falten kann, darf auch essen"). 
  • Ihre Ansprachen sind kurz, pointiert und enden oft mit einem Augenzwinkern ("Die nächste Kava-Runde spendiere ich - wenn die Jungs heute die Kokosnüsse ernten"). 
  • Sogar die Kirche akzeptiert ihre Rolle - schließlich organisiert sie das beste Erntedankfest der Insel. 

Warum das funktioniert?

"Sie ist wie die Mutter von uns allen", erklärt Taina, während er ihr beim Kava-Brauen assistiert. "Sie schimpft, wenn wir faul sind, lobt uns, wenn wir es verdienen - und hat immer ein Extra-Banakenblatt für hungrige Kinder übrig." 


Und die Moral von der Geschicht’? Auf Fiji weiß man: Echte Führung braucht weder Muskeln noch laute Worte - nur Herz, Humor und im Notfall ein überzeugendes Rezept

 


Wiedersehen in Somosomo - wo Gastfreundschaft keine Stromleitung braucht 

Es ist ein besonderes Gefühl, in ein Dorf zurückzukehren, in dem man nicht nur bekannt ist, sondern willkommen. Somosomo, mit seinen etwa 300 Einwohnern, mag größer sein als Malake - doch die Herzlichkeit ist dieselbe. Hier, abseits von Strommasten und Supermärkten, zeigt sich Fijis Seele am unverfälschtesten: in lächelnden Gesichtern, die uns beim Anlegen schon erwarten, und in der selbstverständlichen Art, mit der man uns in ihr Leben einschließt. 

Ankunftsrituale - von Paketen bis Palmenblättern
Unser erster Weg führt zum Seveci-Clan, wo wir das Päckchen von Martin und Lydia überreichen. Die Freude ist groß, als die Familie die Schweizer Mitbringsel auspackt - jedes Teil wird bestaunt, als wäre es ein Schatz. Doch das eigentliche Zeremoniell folgt: Unser Sevusevu für Chief Adi Ekari Danale, die respektgebietende ältere Dame des Dorfes. Mit den zeremoniell überreichten Yaqona-Wurzeln in ihren Händen wirkt sie wie die weise Großmutter der ganzen Insel. 

Bei Taina und Jim, die wir schon vom letzten Besuch kennen, geht es dann umso lockerer zu. Ihre Kinder erzählen aufgeregt von der Schule im Nachbardorf Gunu - und wir versprechen, sie am nächsten Tag abzuholen. 

Die wahre "Luxus"-Definition 
Mag das für manche nach "Kitsch" klingen - hier, fernab von Konsumrausch und digitalem Lärm, ist es purer, ungefilterter Luxus der Seele. Diese spontane Freude, die nicht gekauft werden kann, diese Gastfreundschaft ohne Hintergedanken - sie erinnern uns daran, warum wir reisen. 

Als wir schließlich in Somosomo ankommen, die Kinder an unserer Seite und Nathalies Arme voller Blütenschmuck, wissen wir: Das ist der Zauber Fijis. Nicht die Postkartenstrände (so schön sie sind), sondern diese Momente, in denen ein Lunchbox-Rhythmus und ein umgedichtetes Lied mehr sagen als tausend Worte. 

Ein Schulweg voller Musik und Blüten
Was als simpler Spaziergang geplant war, wird zu einer der schönsten Überraschungen unserer Reise: Mitten auf dem staubigen Pfad fragen die Kinder schelmisch: "Dürfen wir euch einen Meke zeigen?" Und ehe wir antworten können, beginnt das Mädchen mit zwei Stiften einen Rhythmus auf ihre Lunchbox zu trommeln. Die anderen stimmen ein Lied an, tanzen mit strahlenden Gesichtern - und plötzlich wird der Weg zur Bühne.

Nach der Vorstellung geht es weiter, diesmal begleitet von der Fijianischen Nationalhymne - mit einem kleinen Twist: "Suissa" ersetzt stolz "Fiji". Unterwegs pflücken die Kinder Blüten und flechten daraus Schmuck für Nathalie: Armbänder, die nach frischem Laub duften, und Ringe, so zart, als wären sie aus Luft gewoben.