2008.11 - Indien, 1. Reise - Teil 1
 
 

2008.11 - Uttarakhand: Ungeplante Abenteuer Rishikesh


Eigentlich sollte unsere Reise in die schroffen Höhen Ladakhs führen - jenem mystischen "Tibet Indiens", wo sich klare Bergluft mit tibetischen Gebetsfahnen mischt und die Pässe auf 4.000 Metern die Welt vom Himmel zu trennen scheinen. Doch der Winter kam diesmal unerbittlich früh: Bei -20°C und gesperrten Passstraßen blieb uns nur die kluge Entscheidung - umzukehren und Plan B zu aktivieren. So landeten wir statt in Ladakhs kargen Hochtälern in Uttarakhands grünen Bergen... und entdeckten ein völlig anderes, aber ebenso faszinierendes Gesicht Indiens.


Anmerkung: Wir haben im November 2015 die Reise in den Ladakh nachgeholt. Hier ist der Link dazu.


Von Delhi ins Herz des Gangeslandes 

Unsere Route führte uns nach Rishikesh (wo selbst die Kühe zu meditieren scheinen), ins heilige Haridwar (wo abendliche Ganga-Aartis die Sinne betäuben) und hinauf in die kolonialen Höhen von Mussoorie (mit Teegärten statt Schneefeldern). 


Haridwar, dieser brodelnde Schmelztiegel aus Glaube und Alltag, wurde zum unerwarteten Highlight: 

  • Seit Jahrtausenden pilgern Gläubige hierher, um im heiligen Ganges zu baden 
  • Die abendliche Ganga Aarti-Zeremonie an den Har-ki-Pauri-Treppen ist pure Magie: Hunderte von Öllichtern tanzen auf dem Fluss, während Priester in wallenden Roben Mantras singen 
  • Wir wagten uns zwischen Sadhus und Pilger - und spürten plötzlich, warum dieser Ort Indiens spirituelles Herz schlägt 

Kein Ladakh, aber ...  Dafür

  • Mussoories nostalgischer Charme mit britischen Cottage-Architektur 
  • Rishikeshs Yogastudios am Flussufer (wo wir NICHT 😊 versuchten, die Lotushaltung zu meistern) 
  • Die überraschende Wärme der Bergdörfer - sowohl im Temperatur- als auch im zwischenmenschlichen Sinn 


First Impressions: Welcome to "Incredible India"

"Incredible India" - mit diesem Werbeslogan wirbt das Land für sich, und schon nach den ersten Stunden versteht man: Es ist keine leere Phrase, sondern eine lebendige, atemberaubende, manchmal auch schwindelerregende Wahrheit. Indien ist kein Land, das sich sanft vorstellt. Es stürmt auf einen ein - ein Wirbelwind aus Farben, Düften, Geräuschen und Gegensätzen, der alle Sinne gleichzeitig überfordert und verzaubert. 


Ein Land der Superlative (und der Widersprüche) 

  • Chaos mit System: Taxis hupen in scheinbar willkürlichen Rhythmen, doch irgendwie kommt jeder an. Kühe schlendern genüsslich durch Staus, als wären sie Verkehrspolizisten. 
  • Religiöse Vielfalt: Hindu-Tempel mit blumengeschmückten Göttern, leuchtend weiße Jain-Schreine, buddhistische Stupas und der Ruf des Muezzins - alles existiert nebeneinander, manchmal auf derselben Straße. 
  • Sensorisches Overload: Der Duft von Chai und Kardamom mischt sich mit Abgasen, das Klingeln von Rikschas mit Bollywood-Musik aus irgendeinem offenen Fenster. 

Die erste Kulturschock-Phase

Die ersten Tage in Indien sind wie ein Sprung ins kalte Wasser - man zuckt zusammen, paddelt wild, und dann, ganz plötzlich, beginnt man zu schwimmen. Plötzlich ergibt das Chaos Sinn: 

  • Man lernt, dass ein "five minutes, madam!" durchaus eine Stunde bedeuten kann - und dass das völlig okay ist. 
  • Man entdeckt, dass selbst der hektischste Basar seine eigene Ordnung hat - Gewürzhändler hier, Stoffverkäufer dort, dazwischen ein lächelnder Chai-Wallah mit seinem wandernden Teestand. 
  • Man begreift, warum Inder oft einfach "adjust kar lenge" ("Wir werden es schon irgendwie hinkriegen") sagen - Flexibilität ist hier keine Option, sondern Überlebenskunst. 

Warum es sich lohnt, durchzuhalten 

Ja, die ersten Tage können überwältigend sein. Aber dann passiert etwas Magisches: Man beginnt, die Schönheit im scheinbaren Durcheinander zu sehen. Plötzlich schmeckt der Straßen-Chai besser als jedes Café-Latte, versteht man die Kunst des feilschenden Lächelns, und die anfängliche Überforderung verwandelt sich in pure Faszination. 


Indien ist wie ein gewaltiges, lebendiges Puzzle - anfangs sieht man nur einzelne, bunte Teile, doch je länger man bleibt, desto mehr fügt sich alles zu einem atemberaubenden Bild zusammen. Und dann versteht man wirklich, was "Incredible India" bedeutet: nicht nur "unglaublich", sondern auch "unfassbar schön". 

 



"Never Trust an Inder" - und andere kulturelle Herausforderungen 

Es gibt einen Satz, den man in Indien überraschend oft von Einheimischen hört: "Never trust an Indian". Wenn selbst die Inder so über sich sprechen, sollte man vielleicht aufhorchen - aber auch verstehen, was dahintersteckt. Denn hier geht es weniger um Boshaftigkeit als um ein System, das seit Generationen funktioniert. 


Die Kunst des Verhandelns (und des Abgrenzens) 

Ja, es stimmt: Viele Begegnungen haben einen wirtschaftlichen Hintergrund. Der freundliche Herr, der am Bahnhof ein Gespräch beginnt? Er will Sie wahrscheinlich zu seinem Cousins Teppichladen lotsen. Der lächelnde Fremde, der ungefragt als "Guide" auftritt? Erwartet später eine "small commission". Das ist kein böser Wille - es ist einfach eine andere Kultur des Geldverdienens, in der jeder Zwischenhändler sein Stück vom Kuchen abhaben möchte. 


Wie wir damit umgingen:

  • Höflich, aber bestimmt: Ein klares "No, thank you" (und notfalls mehrmals wiederholt) wirkt besser als Ignorieren. 
  • Humor hilft: Manchmal entkrampft ein scherzhaftes "Oh, you’re the fifth ‘cousin’ offering me carpets today!" die Situation. 
  • Kleingeld parat haben: Für Gepäckträger, "freiwillige" Dienstleister und Bettler - so vermeidet man Diskussionen über größere Scheine. 

Das Dilemma mit den Bettlern 

Die organisierte Bettelei ist zweifellos belastend. Besonders in Touristengebieten werden Kinder, Alte oder Menschen mit Behinderungen regelrecht als "Werkzeuge" eingesetzt. 


Unsere Erfahrung:

  • Direkte Gaben an Einzelne (z.B. Essen statt Geld) fühlen sich sinnvoller an. 
  • An lokale Hilfsprojekte spenden ist oft nachhaltiger - viele Restaurants und Hotels unterstützen solche Initiativen. 

Der allgegenwärtige "Staatszuschlag" 

Ob an Tempeln, Bahnhöfen oder Sehenswürdigkeiten: Plötzliche "offizielle Gebühren" (die gerne mal nur für Ausländer gelten) sind nervig. Aber: 

  • Es lohnt sich, nach Quittungen zu fragen - manche "Gebühren" verschwinden dann plötzlich. 
  • Gelassen bleiben: 10 Rupien (20 Cent) für ein Foto sind kein Vermögen - aber der Prinzipienreiter in uns muss schweigen lernen. 

Das Paradox der Preise 

  • Trotz aller Kleinigkeiten: Indien ist unglaublich preiswert! 
  • Über Nacht reich fühlen: Für 40 US$ pro Tag fährt Sie ein Privatchauffeur durchs Land. 
  • Kulinarisches Glück: Ein üppiges Abendessen zu zweit kostet weniger als ein Starbucks-Kaffee daheim. 
  • Unser Rekord: Drei Personen, satt geworden von Samosas, Chai und Lassis an einer Straßenbude - Gesamtkosten: 2,60 US$. 

Ja, das Geschachere und die ständigen Monetarisierungsversuche sind anstrengend. Aber sie sind auch Teil des indischen Sozialgefüges. Wer das akzeptiert (und ein paar Tricks lernt), entdeckt dahinter ein Land von atemberaubender Großzügigkeit - wo der gleiche Teppichhändler, der Sie über den Tisch ziehen wollte, Sie später zum Chai einlädt und stolz Fotos seiner Enkel zeigt. 



2008.11 - Rishikesh: Stadt der suchenden Seelen


Lakshman Jhula - Wo der Ganges Geschichten erzählt


An jener Stelle, wo der junge Ganges den Himalaya verlässt und sich in die Ebenen Nordindiens ergießt, spannt sich die legendäre Lakshman Jhula - eine schwingende Hängebrücke, die nicht nur Ufer verbindet, sondern Welten. 


Brücke zwischen Mythos und Moderne

Der Name kündet von alten Legenden: Hier soll Lakshman, Bruder des Gottes Rama, den Fluss auf einem Seil überquert haben. Heute drängen sich Pilger, orange gekleidete Sadhus und staunende Besucher über die bröckelnden Holzplanken, während unter ihnen das eisige Gangeswasser tosend Richtung Benares strömt. 


Rishikesh - Stadt der suchenden Seelen

Wie der Name verrät ("Heimat der Rishis"), ist dies der Ort jener heiligen Männer, die durch Yoga und Askese die göttliche Einheit suchen. Die Luft vibriert vor Mantras - vom frühmorgendlichen Om-Gesang in den Ashrams bis zum abendlichen Glockengeläut der Ganga Aarti. 


Wo Chaos zur Meditation wird

Während auf der Brücke das bunte Treiben tobt (Händler, Affen, klingelnde Fahrräder), findet das wahre Wunder an den Ufern statt: Yogis in Lotushaltung, die im Morgengrauen regungslos verharren, während der Fluss ihre Füße umspült. 


In Rishikesh lernt man: "Der Ganges trägt nicht nur Wasser, sondern die Geschichten aller, die ihn je berührt haben."



Die Statue von Shiva in Rishikesh

An den heiligen Ufern des Ganges in Rishikesh thront eine beeindruckende Statue des Hindu-Gottes Shiva - einer der wichtigsten Gottheiten des Hinduismus. Als Teil der Trinität (zusammen mit Brahma und Vishnu) verkörpert Shiva sowohl Zerstörung als auch Erneuerung, Meditation und kosmische Kraft. 


Wichtige Details: 

  • Ort: Rishikesh, die "Yoga-Hauptstadt der Welt", wo der Ganges aus dem Himalaya ins Tiefland strömt 
  • Bedeutung: Shiva wird hier als Meditationsfigur dargestellt - ein Symbol für Spiritualität, das perfekt zur Atmosphäre Rishikeshs passt 
  • Pilgerstätte: Viele Gläubige besuchen die Statue für Gebete und Opfergaben (Blumen, Milch, heiliges Ganges-Wasser
  • Kultureller Kontext: Der Ort verbindet Tourismus und Glaube - neben Sadhus (heiligen Männern) finden sich hier auch Yoga-Studios und Backpacker 


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2008.11 - Haridwar: Wo der Himmel die Erde berührt


Haridwar - die "Gottespforte" - ist mehr als eine Stadt. Es ist ein Tor zwischen Welten, wo der Ganges den Himalaya verlässt und in die Ebenen Indiens hinabsteigt. Für Hindus einer der sieben heiligsten Orte, an dem sich das Göttliche im Fluss, im Stein und sogar im Hauch der Luft offenbart. 


Abendliche Rituale am Lebensfluss

Wenn die Sonne hinter den grünen Hügeln versinkt, vollzieht sich an den Ghats (Flusstufen, rituelle Plätze an heiligen Flüssen) ein ergreifendes Schauspiel:

  • Asche Verstorbener vereint sich mit den heiligen Fluten
  • Zarte Lichterboote aus Bananenblättern, gefüllt mit Marigold-Blüten und flackernden Öllämpchen, tanzen wie Glühwürmchen auf dem dunklen Wasser
  • Der Rauch von Sandelholz mischt sich mit dem Duft des Flusses 

Hari-ki-Pauri: Das Herz der Pilger

Am Brahmakund, jenem mythischen Becken am Hari-ki-Pauri-Ghat, glauben Gläubige, dass sich himmlische Wasser mit dem Ganges vermischen. Hier soll ein Fußabdruck Vishnus im Stein verewigt sein - eine stumme Spur des Göttlichen. 

  • Ritual des Reinigens: Millionen baden hier, um sich von Sünden zu befreien. Das eiskalte Wasser des Ganges soll nicht nur den Körper, sondern die Seele waschen. 
  • Abendliche Aarti: Wenn Priester mit feuergeschmückten Lampen den Fluss segnen, wird das Ufer zur Bühne einer uralten Zeremonie - Licht, Rauch und Gesang verschmelzen mit dem Rauschen des Wassers. 

Die Kuh - und andere göttliche Gäste

"Gott ist in allem", sagen die Hindus - und so teilen sich Pilger die Straßen mit heiligen Kühen, die gemächlich durch Tempelhöfe schlendern. Diese sanften Wesen gelten als Verkörperung der Lebenskraft, als "Mütter der Millionen". Wer genau hinsieht, entdeckt: Selbst die Affen an den Treppen der Ghats werden geduldet - als wüssten sie, dass sie in einer Stadt der Gnade leben. 


Kumbh Mela: Wenn Haridwar die Welt empfängt

Alle zwölf Jahre verwandelt sich die Stadt im größten Pilgerstrom der Erde

  • 2003 kamen 70 Millionen Menschen - eine Zahl, die jede Vorstellung sprengt 
  • Sadhus tauchen in den Fluss, Gläubige sammeln Tropfen des Nektars der Unsterblichkeit 
  • Für einen Moment wird Haridwar zum Nabel der spirituellen Welt 

Selbst im Novembergewimmel 2008 spürten wir es - dieses merkwürdige Gefühl von Zeitlosigkeit. Ob der betende Greis im Wasser, die lachenden Kinder mit ihren Blumenopfern oder der Duft von Räucherstäbchen zwischen Teeständen: Hier ist alles zugleich uralt und lebendig. 


In Haridwar lernt man: Heiligkeit ist kein Ort, sondern eine Art zu sehen - selbst im Gewühl von Millionen.



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Ganga Aarti - Wenn der Fluss zum Altar wird
Zur abendlichen Arti-Zeremonie, werden die Asche der Verstorbenen in den Ganges gestreut. Im Gedenken an diese, werden kleine Schiffe aus Blättern, mit Blumen und einer brennenden Kerze in den Fluss gesetzt.
Arti-Zeremonie
Zur abendlichen Arti-Zeremonie, werden die Asche der Verstorbenen in den Ganges gestreut. Im Gedenken an diese, werden kleine Schiffe aus Blättern, mit Blumen und einer brennenden Kerze in den Fluss gesetzt.
Die konzentrierten Hände eines Priesters, der die Flamme wie eine Kostbarkeit hält.
Diese Zeremonie braucht keine Worte. Aber Ihre Bilder werden sie für immer sichtbar machen.
An diesem Ufer versteht man: Der Ganges fließt nicht nur durch Indien – er fließt durch die Zeit. Die Aarti ist unser Dank dafür, dass wir ihn einen Augenblick begleiten dürfen.
Diese Zeremonie braucht keine Worte. Aber Ihre Bilder werden sie für immer sichtbar machen.

Am heiligen Hari-ki-Pauri-Ghat in Haridwar, wo der Stein den Fußabdruck Vishnus bewahrt, vollzieht sich jeden Abend ein Wunder: Der Ganges hört auf, nur Wasser zu sein. Er wird zum lebendigen Gott, zur Lichtstraße der Seelen, zum Spiegel zwischen Himmel und Erde. 


Das Ritual der fließenden Ewigkeit

Wenn die Dämmerung die Himalaya-Gipfel vergoldet, versammeln sich Hunderte am Ufer: 

  • Priester in safrangelben Gewändern schwingen rauchschwere, siebenarmige Aarti-Lampen - jeder Schwung ein Gebet, das sich im Fluss widerspiegelt 
  • Glöckchen läuten im Rhythmus der Mantras, als würden sie den Ganges selbst zum Klingen bringen 
  • Asche Verstorbener vereint sich mit den Fluten - keine Trennung mehr zwischen Leib und Strom, zwischen Ende und Anfang 

Die Lichter der Erinnerung

Zwischen den Gebeten setzen Pilger zarte Blätterschiffchen aus: 

  • Jedes trägt eine Flammenblüte aus Ghee (geklärter Butter) - vergänglich wie ein Menschenleben, hell wie die Seele 
  • Orangefarbene Ringelblumen (Symbol für die Sonne) treiben davon - ein letztes Geleit für die, die gegangen sind 
  • Im flackernden Schein verschwimmen Trauer und Freude: Denn der Ganges nimmt alles auf - und trägt es ins Grenzenlose 

Warum dieses Ritual berührt

Die Ganga Aarti ist kein Spektakel für Touristen. Sie ist Indiens Herzschlag in Reinform

  • Vishnus Fußabdruck im Stein erinnert: Der Göttliche war hier - und ist es immer noch. 
  • Das Feuer der Lampen wiederholt den uralten Pakt: Solange die Flamme brennt, ist der Tod nur eine andere Form des Lichts.
  • Die schweigenden Gesichter der Zuschauer verraten: Manche Tränen sind zu tief für Worte, 

An diesem Ufer versteht man: Der Ganges fließt nicht nur durch Indien - er fließt durch die Zeit. Die Aarti ist unser Dank dafür, dass wir ihn einen Augenblick begleiten dürfen.





Der Lal Mata Tempel in Haridwar: Wo die Göttin rot leuchtet - und die Affen wild entscheiden, wer willkommen ist 


In Haridwar, dieser brodelnden Heiligenstadt am Ganges, wo Gläubige und heilige Kühe um Platz auf den ghats kämpfen, steht ein Tempel, der sich frech von der Masse abhebt: Lal Mata Mandir, geweiht der "Roten Mutter". Und ja, der Name ist Programm - hier dominiert die Farbe der Leidenschaft, der Macht und… nun ja, auch ein bisschen der übereifrigen Dekorateure. 


Warum dieser Tempel ein unvergessliches Erlebnis ist:

  • Die Architektur: Eine opulente Mischung aus "Gottheit trifft Bollywood" - denke rote Treppen, rote Säulen, und natürlich eine in Rot gekleidete Göttin Durga, die mit ihren acht Armen so aussieht, als würde sie gleich einen kosmischen Tanzwettbewerb gewinnen. 
  • Die Affenbande: Die lokalen Languren behandeln den Tempel wie ihr persönliches Reich. Sie beobachten Besucher mit der Arroganz von Türstehern eines VIP-Clubs - "Hast du Opfergaben? Nein? Pech gehabt." Tipp: Halten Sie Ihre Sonnenbrille fest! 
  • Der spirituelle Trubel: Glockengeläut, Räucherduft und das Murmeln von Mantras schaffen eine Atmosphäre, die selbst Atheister kurz innehalten lässt. "Muss ich jetzt wirklich mein Selfie machen oder doch erst mal respektvoll verneigen?" 

Ein Highlight mit Humorpotential:

An bestimmten Tagen wird die Göttin mit sindoor (rotem Pulver) überschüttet - da sieht es aus, als hätte eine göttliche Farbexplosion stattgefunden. Wer unvorsichtig ist, geht selbst etwas rötlicher hinaus als geplant. "Karma oder einfach schlechte Reflexe? You decide." 



Das religiöse Geschehen im Tempel wird dokumentiert mit einem Kitsch, der ins Überwältigende kippt – eine Symphonie aus Gold, Glanz und Götterstatuen, die einem in der ganzen Pracht des Regenbogens entgegenstrahlen.
Das religiöse Geschehen im Tempel wird dokumentiert mit einem Kitsch, der ins Überwältigende kippt – eine Symphonie aus Gold, Glanz und Götterstatuen, die einem in der ganzen Pracht des Regenbogens entgegenstrahlen.
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Die Sadhus und ihr geheimes Karma-Tauschgeschäft

Es gibt in Indien eine ungeschriebene Regel: Wenn ein Mann in orangefarbenen Gewändern mit einem verbeulten Metalltopf vor deiner Tür steht, hast du gerade die Chance auf das beste Geschäft deines Lebens bekommen


Sadhus, diese wandelnden Paradoxe aus Askese und Anarchie, ziehen durch das Land wie lebendige Mahnmale dafür, dass Besitz überbewertet ist. Ihr ganzes Hab und Gut: Ein Stock, ein Topf (kamandalu), und eine Garderobe, die aussieht, als hätte jemand eine Sonne zerkleinert und daraus ein Gewand genäht. 


Warum gibt man ihnen Essen - und warum bedanken sie sich nicht?

Die Legende besagt: Ein Sadhu nimmt nicht, er gibt. Wenn du ihm Reis oder dal anbietest, ist das kein Almosen, sondern ein Deal. Seine Gegenleistung? Ein Upgrade für dein nächstes Leben. Kein Dank, kein Smalltalk - nur ein leichtes Nicken, als würde er innerlich sagen: "Notiert. Karma-Konto des Spenders: +100 Punkte."


Die Armen verstehen das instinktiv. Vielleicht, weil sie wissen, dass man im Spiel der Wiedergeburten jeden Vorsprung braucht. Oder weil ein Sadhu, der vor deiner Hütte sitzt, der einzige Gast ist, der nie über die Einrichtung meckert. 


Die Wahrheit hinter dem Mythos

Natürlich gibt es auch Sadhus, die schlicht hungrig sind. Und ja, manche mögen tatsächlich dankbar sein - auch wenn sie es nie zugeben würden. "Dankbarkeit ist Anhaftung, und Anhaftung ist Maya (Illusion)! ... Aber die gulab jamun waren trotzdem gut." 





Tapkeshwar-Tempel in Dehradun: Wo die Götter tropfend-verzaubert wohnen 


Versteckt in einer smaragdgrünen Schlucht am Rande Dehraduns liegt der Tapkeshwar-Tempel - ein Ort, an dem das Göttliche nicht nur verehrt wird, sondern buchstäblich von der Decke tropft. Hier regiert kein goldglitzernder Prunk, sondern die magische Bescheidenheit der Natur: Ein uralter Höhlenheiligtum, geweiht Lord Shiva, wo sich Religion und Geologie ein atemberaubendes Stelldichein geben. 


Warum dieser Tempel ein Geheimtipp ist:

  • Die schwitzende Shiva-Lingam: Das Herzstück des Tempels ist ein natürlicher Felsen, der durch perlenartige Wassertropfen ständig benetzt wird - kein Wunder, dass der Name Tapkeshwar ("der Tropfende") lautet. Die Gläubigen glauben: Es sind Shivas Tränen der Gnade. Wissenschaftler murmeln etwas von Sickerwasser - aber wer will sich schon mit Physik das Wunder versalzen? 
  • Die Höhlenatmosphäre: Dunkel, kühl und erfüllt vom Duft nasser Erde und Räucherstäbchen. Die Wände glitzern feucht, als hätte jemand Diamantstaub in den Fels gerieben. 
  • Die Affenbande: Wie in jedem selbstrespektierenden indischen Heiligtum wachen auch hier Languren über die Rituale - mit der Dreistigkeit von Steuereintreibern. "Opfergaben? Her damit. Nein? Dann wenigstens dein Wasserflasche!" 

Ein spirituelles Naturphänomen

Der Tempel ist kein Museum, sondern ein lebendiger Ort des Glaubens

  • Pilger baden im eiskalten Wasser des heiligen Tanks, während Priester mit Blumengirlanden wedeln. 
  • An Maha Shivaratri verwandelt sich die Schlucht in ein Lichtermeer - Tausende singen "Har Har Mahadev!", während die Tropfen wie gesegnete Konfetti fallen. 
  • Und wer Glück hat, sieht einen Sadhu, der meditierend in einer Nische hockt - als wäre er selbst Teil des Felsens geworden. 

Der Legende nach versteckte sich hier einst Shivas Sohn Kartikeya vor seinem Vater. Die Tropfen? Seine heimlichen Tränen der Reue. Oder vielleicht doch nur Kondenswasser - aber welcher Gläubige würde das infrage stellen? 😉 



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2008.11 - Mussoorie: Britischer Charme mit Himalaya-Panorama


Die Briten wussten, wo es schön ist: 1827 gründeten sie Mussoorie als grünes Refugium in den Vorbergen des Himalaya - und bis heute strömen gestresste Delhites im Sommer hierher, um dem stickigen Smog der Hauptstadt zu entfliehen. Statt Abgasen atmet man hier würzige Kiefernluft, und statt Hupkonzerten begleitet einen das Rascheln von Rhododendronblättern. 


Der Clou? Die "Queen of the Hills" (wie der Ort liebevoll genannt wird) bietet etwas, das selbst die beste Klimaanlage nicht schafft: einen atemberaubenden Blick auf die schneebedeckten Gipfel des Himalaya. Bei klarer Sicht wirken die Berge zum Greifen nah - als hätte ein Maler sie mit zu viel Weiß auf die Horizontlinie getupft. 


Unsere Empfehlung:

  • Spazieren Sie über die Mall Road, wo koloniale Architektur und bunte Basarläden eine charmante Mischung eingehen. 
  • Halten Sie Ausschau nach "Lal Tibba", dem höchsten Punkt Mussoories - hier wird das Panorama zum Drama! 
  • Profitipp: Wer dem Trubel entgehen will, wandert zu den stillen Cloud’s End-Wäldern. Britische Understatement-Tugend inklusive. 

MussoorieEin Besuch von Mussorie lohnt sich schon wegen des Blicks auf die nicht mehr allzuferne Himalaya Gebirgskette.




2008.11 - Die heiligen Kühe Indiens 🐄: Staus, Segen und göttliche Dreistigkeit


In Indien sind nicht alle Tiere gleich heilig. Die Kuh ist die ungekrönte Königin - und sie weiß es. Sie trottet durch Märkte, als gehöre ihr der Platz, döst mitten auf der Autobahn wie ein Maharadscha auf Samtkissen, und stibitzt Gemüse mit der Unschuldsmiene einer Gottheit, die einfach zu gütig ist, um bestraft zu werden. 


Warum die Kuh niemandem ausweicht (und warum das gut so ist)

  • Verkehrsregel Nr. 1: Heilige Kühe haben Vorfahrt. Immer. Hupt ein Auto, ignoriert sie es. Drängelt ein Rikschafahrer, starrt sie ihn an, als wäre er das ungezogene Wesen. Selbst Polizisten zucken nur resigniert - wer wollte schon gegen Shivas Reittier wettern? 
  • Das große Fressen: Ja, sie klauen Blumenkohl von Marktständen. Aber wer würde einer Gaumata ("Kuhmutter") den Snack verwehren? Selbst die verzweifelte Händlerin, die mit einem Besen wedelt, tut es nur halbherzig - man riskiert ja kein schlechtes Karma. 
  • Pension im Paradies: Wird eine Kuh alt, entlässt man sie nicht ins Schlachthaus, sondern in die Freiheit. Die Straße füttert sie weiter - jedes erste Roti eines Mahls landet in ihrem Maul. "Im nächsten Leben kommst du als Brahmane zurück", flüstert die Großmutter, während sie dem Tier Brot reicht. 

Kuh-Protokoll: Was Touristen wissen müssen 

Erlaubt: 

  • Ehrerbietiges Kopfschütteln, wenn eine Kuh dein Taxi blockiert ("Typisch Devi, heute wieder mal in Meditationslaune"). 
  • Fotos machen - aber bitte ohne Blitz. Selbst Götter mögen keine grellen Überraschungen. 

Strikte No-Gos: 

  • Eine Kuh antippen (außer zum Segen). 
  • Über Rindfleisch sprechen (selbst im Flüsterton). 
  • Unfälle. Echte Horrorgeschichten handeln von Touristen, die versehentlich eine Kuh streiften - und plötzlich von einer aufgebrachten Menge verfolgt wurden. ("Shiva hat 1000 Augen - und die Nachbarschaft noch mehr!")

Göttliche Absurditäten

  • Nationaltier-Debatte: Tiger? Langweilig! Hardcore-Hindus fordern die Kuh als neues Symbol Indiens. Stellen Sie sich vor: Statt "Incredible India" prangt auf Plakaten ein lächelndes Zebu. 
  • Der Kuh-Fluch: Wer eine Kuh quält, soll in 47 Wiedergeburten als Ungeziefer zurückkehren. Oder schlimmer: als Verkehrspolizist in Mumbai. 
  • Mystik zum Anfassen: Der Schwanz einer Kuh ist dein Ticket ins Paradies - zumindest, wenn du dich beim Überqueren des Vaitarani-Flusses festhältst. (Tipp: Lieber nicht vorab fragen, wie oft der Schwanz gewaschen wurde.) 

Warum selbst Atheisten Respekt zeigen

Die Kuh ist kein Tier - sie ist ein lebendiges Paradox

  • Sie produziert Milch, also Leben. 
  • Ihr Dung wärmt Häuser und reinigt Böden (ayurvedisches Febreze). 
  • Und ihr müdes Lächeln erinnert dich daran, dass du derjenige bist, der hetzt - nicht sie. 

Letzte Erkenntnis: 😄

Nach zwei Wochen in Indien wunderst du dich nicht mehr über Kühe im Supermarkt - sondern darüber, dass der Rest der Welt keine hat. 



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